Freitag, 29. September 2017

Keine Sweets mehr für uns

Neulich Nachmittag wurden uns zum Tee unglaublich leckere, frittierte süße Stückchen hingestellt, die wir schneller verputzt hatten, als der Tee Trinktemperatur hatte. Zum Glück stand in der Küche noch eine ganze Schüssel voll. Am nächsten Tag zum Tee standen keine Sweets mehr da aber bei Nachfrage in der Küche konnten wir doch noch ein paar ergattern. Als wir schließlich nach dem Abendessen das Bedürfnis nach etwas Süßem verspürten, dachten wir natürlich gleich an unsere geliebten Sweets. Nur war die Box nirgends zu finden. Schlussendlich spürte Leo die Dose ganz, ganz hinten im Regal auf und wir bedienten uns.
Der nächste Tag: nach dem Mittagessen dachten wir uns: „Hm, jetzt ein paar Sweets wären super.“ Und da wir ja jetzt das Geheimversteck kannten, verschafften wir uns Zugang zu zwei, vielleicht drei aber höchstens vier Sweets pro Person. Weil wir so auf die Dinger abfahren und ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatten, fragten wir Sister Ashline, ob wir nicht die Zubereitung lernen können. Sie wusste nicht sofort was wir meinen und so begaben wir uns in die Küche, um ihr die Sweets zu zeigen. Das Problem war nur: Sie waren weg. Wir waren ein bisschen verwirrt, hatten wir die Box doch vor zwei Minuten noch eigenhändig in den Schrank gestellt. Die andere Sister, die sich zum Naschzeitpunkt auch in der Küche befunden hatte, musste sie in unserer kurzen Abwesenheit a) aufgegessen haben oder b) an einen sicheren Ort gebracht haben. Auf Nachfrage öffnete sie den Schrank in der letzten Ecke und zog die Dose hinter einem Mehlsack vor. Genauso lustig wie diese Aktion: Am nächsten Tag stand zum Tee ein Teller mit zwei Gurken für uns auf dem Tisch.

Montag, 18. September 2017

Happy Onam

Alle um uns herum sprechen Malayalam, wir werden zum Erntefest Onam eingeladen… warte, wir sind doch in Uttar Pradesh im Norden Indiens und nicht in Kerala. Tatsächlich sind aber fast alle Menschen um uns herum aus dem südindischen, christlich geprägten Bundesstaat. Die meisten Nonnen und Pfarrer die hier in Asha Deep leben und arbeiten wurden hierher versetzt um soziale Arbeit zu leisten. Onam wird jährlich gefeiert und ist ursprünglich ein hinduistisches Fest. Heute ist Onam auch ein kulturelles Fest, das Christen ebenfalls feiern. In Kerala gibt es zu diesem Anlass unter anderem Bootsrennen, Maskentänze und Blumenarrangements names Pookalam. Wir werden also auch hier in Uttar Pradesh eingeladen mitzufeiern und sollen ein typisches deutsches Gericht zubereiten und mitbringen. Dieses Mal entscheiden wir uns für Apfelküchle. Bei Onam gibt es ausschließlich vegetarisches Essen, welches auf Bananenblättern serviert wird. Gegessen wird auf dem Boden und auch die Köchinnen von Asha Deep sind dabei und werden bedient, obwohl sie sonst nie mit uns zusammen essen. Zum Essen gibt es unter anderem Reis mit Gemüsesoße, eine Kartoffelpaste und Kokosraspeln. Alles ist sehr, sehr lecker. Außerdem wird uns etwas Braunes, Öliges als süße Nachspeise verkauft. Als ich zum Schluss probiere und nichts mehr zum Ablöschen hab, muss ich ein bisschen weinen und frage mich, bitte was die Inder als süß bezeichnen. Nach dem Essen ist das Programm noch nicht vorbei und es folgen Gemeinschaftsspiele, wie zum Beispiel Wasser mit den Händen von einem Eimer in eine Flasche zu transportieren. Bei der anschließenden Siegerehrung bekommen alle eine Seife. Es war ein sehr schöner, lustiger Abend und es hat sich gut angefühlt mit den Menschen von Asha Deep ein Fest zu feiern und so ein bisschen mehr in ihre Kultur einzutauchen.


Wer mehr über den Ursprung von Onam lesen möchte, kann ruhig mal bei Theresia und Simon auf dem Blog vorbei schauen, die beiden haben das Fest auch wirklich in Kerala miterlebt. 


Die verschiedenen Essen um ein Pookkalam


Ich schwöre ich bin nur am Handy um das perfekte Bild zu machen.

Father Thomas im traditionellen Dhoti hält am Anfag eine kleine Rede

Leo unter Nonnen





Die feierliche Siegerehrung


"Oops wir haben den Nonnen ja alle Kekse weg gegessen"


Mittwoch, 13. September 2017

Am Landluft schnuppern


Aus der Großstadt Kotdwar am Rande der Berge hat es uns nun ins Flachland, mitten in die Felder Uttar Pradeshs verschlagen. Wir leben nun für drei Monate in der inklusiven Schule Asha Deep. Sie liegt nicht in einem kleinen Dorf sondern in der Nähe eines kleinen Dorfes und für uns gefühlt in völliger Abgeschiedenheit.
Hier muss man Orte mit Internetempfang geduldig ausspähen. Diese findet man bevorzugt auf dem Dach und der allerbeste Empfang ist auf dem Kirchturm. Allerdings ist um da hin zu kommen eine akrobatische Glanzleistung gefragt und man muss einige klapperige Leitern erklimmen. 


Dieses Risiko haben wir für die tolle Aussicht natürlich gerne auf uns genommen.
Manchmal findet man aber auch zwischen den vielen Feldern ein schönen Platz für ein Picknick.
Es ist auch sehr interessant das Dorfleben kennenzulernen und wir freuen uns immer schon auf unseren wöchentlichen Besuch von Selbsthilfegruppen in den umliegenden Dörfern.
Die meisten Menschen hier haben kein Auto und auch kein, sonst in Indien so verbreitetes Motorrad. Hier dienen die traditionellen Ochsen- oder Pferdekarren und Fahrräder als Fortbewegungsmittel. Der Pferdekarren dient auch gerne mal als Schulbus für rund 20 Kinder.



 














Natürlich vermisst man auch einige Dinge. Im Gegensatz zu Kotdwar kann man hier keine Pilze kaufen, die uns auf unserer selbst gebackenen, dennoch grandiosen, Mikrowellenpizza gefehlt haben. Außerdem gibt es hier kein Kino um den neuen Tatsächlich Liebe Film anzuschauen. Aber über diese Kleinigkeiten schaut man gerne mal hinweg da hier endlich Ruhe herrscht. Kein ständiges Hupen mehr, obwohl die Grillen dem schon reichlich Konkurrenz machen. Zudem ist Kotdwar auch gar nicht so weit entfernt. Am wichtigsten ist aber, wir sind an einem wirklich schönen Ort gelandet, mit netten Leuten an dem wir uns beide wohlfühlen.


Not macht erfinderisch

Erstens: wir sind nicht in Not. Zweitens: Wir lieben indisches Essen, gerne auch scharf. Wir werden morgens, mittags und abends sehr lecker bekocht.  Aber ab und zu hat man einfach ein Verlangen nach etwas anderem als Reis mit Dahl[1] und Gemüse. Und dann werden wir wirklich erfinderisch. Warum nicht einfach mal den üblichen Reis mit Milch, Zimt und Banane mischen und sich so einen Nachtisch schaffen. Oder morgens das Chapati[2] in den Tee tunken und mit Granatapfel essen.  Und ob man es glaubt oder nicht, sogar eine Scheibe Plastikkäse pimpt so manches Mittagessen auf. Und obwohl wir nie erwähnt haben, dass wir deutsches Essen vermissen, scheinen unsere Mitbewohnerinnen das zu denken und haben vorgesorgt. In der Küche befinden sich neben einem Kilo Cornflakes auch drei Packungen Plastikkäse und tausend kleine Päckchen Butter. Unser Aufgabenplan sieht außerdem einmal in der Woche Kochen für uns vor und wir freuen uns darauf neben improvisiertem deutschem Essen auch indische Gerichte kennenzulernen und zu kochen.  Seit ein paar Tagen versuchen wir eine Pizza auf die Beine zu stellen. Das scheitert inzwischen nur noch daran, dass statt der Hefe zehn Packungen Tütensuppe für uns eingekauft wurden. Aber wer weiß, vielleicht nächstes Wochenende.





[1] Dahl = eine Soße aus Linsen
[2] Chapati = dünner Teigfladen

Milchreis gefällig?



Hindi für Anfänger

Jeden Morgen beginnt unser Tag mit einer Stunde Hindiunterricht bei einer Sister auf dem Campus. Haben wir bis jetzt nur Smalltalk Floskeln und nützliche Sätze wie „Ich muss kotzen“ (Muche ulti kaman ho raha he) auswendig gelernt, wird uns die Sprache bei Sister Mary Pious von Grund auf beigebracht. Wir müssen jeden Buchstaben mehrmals aussprechen und lassen uns von der Sister Buchstaben diktieren. Das ist gar nicht mal so einfach, vor allem wenn wir herausfinden müssen, ob sie gerade den Buchstaben ta, tta, tha, ttha, da, dda, dha oder ddha gesagt hat. Und auch beim Lesen und Schreiben gibt es einfach zu viele Buchstaben die sich sehr ähnlich sehen und es fordert höchste Konzentration ein Wort zu erkennen und vorzulesen. Und dann soll man sich auch noch die Bedeutung merken! Aber es geht langsam voran und immer wenn wir unterwegs sind, entziffern wir fleißig Plakate, Aufschriften und Zahnpastawerbung.


alle Hindi-Buchstaben, die wir bis jetzt können
bitte was

Montag, 11. September 2017

Alles schön verpackt!


Nach eingehender Betrachtung und mehrwöchiger Studie ist uns eine, für uns sehr komische, jedoch hier weit verbreitete Angewohnheit aufgefallen.
Alles bleibt eingepackt! Ob Schreibtischstuhl, Cafésitze, Fahrräder oder Teddybären in der Vitrine. Immer wieder findet man Gegenstände bei denen der Plastiküberzug auch nach längerem Nutzen nicht entfernt wurde. Warum ist uns immer noch unklar. Ist es um jeglichen Kratzer zu verhindern oder etwa um die Neuheit des Gegenstandes zu demonstrieren?
Aus praktischen Gründen kann es jedenfalls nicht sein, da alles an unseren eingepackten Fahrrädern schrecklich schleifte und unpraktisch war. Das darauf folgende Abpulen der Folie war auch gar nicht so leicht, da jedes Teil einzeln verpackt und das Rad erst im Nachhinein zusammengeschraubt wurde.
Es ist und bleibt uns ein Rätsel doch bringt uns immer wieder zum schmunzeln.




Unsere Sammlung wächst stetig!

Alltag in Asha Deep

Während die anderen Freiwilligen schon zwei Wochen in ihrer Organisation verbracht haben, können wir auch endlich unsere Rucksäcke auspacken und sesshaft werden. Seit zwei Wochen leben wir jetzt auf dem Campus der inklusiven Schule Asha Deep. Das ist Hindi und bedeutet so viel wie „Große Hoffnung“. Der Campus besteht aus einer High School und vier Hostels für die Kinder die auf dem Gelände leben. Es gibt ein  Haus für die taubstummen, die blinden und körperlich behinderten Kinder, für die älteren Jungs und für die Kinder mit geistiger Behinderung. Außer ihnen kommen noch Schüler und Schülerinnen aus den umliegenden Dörfern jeden Tag zum Unterricht. Unser Zimmer für die nächsten drei Monate liegt im Wohnhaus der geistig behinderten Kinder. Ein normaler Tag für uns beginnt mit einer Stunde Hindunterricht, dann wird die nächste Schulstunde vorbereitet: basteln wir, spielen wir etwas oder singen wir mal wieder den Mango-Song? Diese Einheit ist für die Kinder der Upper Kindergarten Class (fünf Jahre alt) oder der ersten Klasse. Danach haben wir eine Stunde mit den Neuntklässlern und machen mit ihnen Zirkus. Erster Programmpunkt: Jonglierbälle basteln. Nach Mittagessen und Mittagsschlaf sind auch die geistig behinderten Kinder mit Zirkus dran und wir versuchen mit ihnen Körperpyramiden zu bauen. Das ist aufgrund fehlender gemeinsamer Sprache und fehlender Körperspannung der Kinder nicht ganz einfach. Trotzdem sind sie begeistert dabei und bestehen natürlich auch auf Fotobeweise. Nachmittags gibt es  für alle Kinder zusammen eine Dreiviertelstunde freie Zeit zum draußen bewegen und spielen. Diese wird mit einem halbstündigen Gebet vor der Grotte der heiligen Maria (ja so etwas gibt es hier)  beendet. Danach spielen wir entweder mit den älteren Jungs noch Badminton oder gehen in ein anderes Hostel und lernen zum Beispiel  von den Taubstummen Gebärdensprache. Nach dem Abendessen stehen eine oder zwei Folgen One Tree Hill auf dem Programm, dann heißt es Gute Nacht sagen und wir kuscheln uns unter unseren Moskitonetzen auf unseren zwei Zentimeter dicken Matratzen ein.

Die Maria Grotte vor der jeden Tag gebetet wird







Die ersten Pyramiden stehen!



Sonntag, 10. September 2017

Immer diese SHALLS!


Shalls*:
Vorteile
  • eignen sich prima als Sonnenschutz
  • perfekt zum Draufsitzen falls mal wieder überall Krabbelviecher sind
  • haben einen sehr leicht zu merkenden Namen
  • dienen mangels einer Jacke zum warmhalten
  • sind praktisch zum verhüllen um sich vor neugierigen Blicken zu schützen
  • kann man auch super zum Faules Ei oder auch der Fuchs geht um spielen benutzen
Nachteile
  • verrutschen ständig oder fallen gleich ganz runter
  • bleiben liebend gerne in der Autotür stecken
  • sind fürchterlich unpraktisch bei jeglicher sportlichen Betätigung, besonders beim “head and shoulders knees and toes” singen
  • müssen ständig neu gerichtet werden, z.B beim Betreten und Verlassen einer Kirche, da man sich darin mit dem Schal den Kopf bedeckt
  • schaffen es doch immer wieder in essen rein zu hängen oder auf dem Boden zu schleifen (jedenfalls bei uns)
  • fegen auch gerne mal Sachen vom Tisch
Auch wenn Schals einige Vorteile haben würde ich doch die meiste Zeit gerne auf einen verzichten!

*Als einen Shall (ausgesprochen wie eng. shawl) bezeichnet man den traditionell zu einer Churidar gehörenden Schal.

Wiedermal richten