Freitag, 23. Februar 2018

Weg mit dem Müll – Jetzt aber richtig

Ich hatte das Gefühl, mein letzter Müllartikel war ein wenig negativ und ich bin zu wenig darauf eingegangen, was alles passiert.

Das Logo von Swacch Bharat

Im letzten Müllartikel hatte ich bereits die Swachh Bharat Abhiyan angesprochen, ein Projekt, das bis 2019 die Straßen Indiens sauber machen will. Der Fokus liegt darauf, die öffentliche Defäkation völlig zu beenden. Aus diesem Grund werden zum Beispiel öffentliche Toiletten errichtet. Und wenn man bei uns durch die Dörfer in die nächste große Stadt fährt, sieht man in jedem einzelnen Dorf mindestens eine für alle zugängliche Toilette. Gekennzeichnet sind diese unverkennbar durch eine Ghandi-Brille. Grund: 2019 ist der 150ste Geburtstag Mahatma Ghandis.

Öffentliche Toilette in Dodrajpur, dem nächsten Dorf

Vor Weihnachten waren wir für drei Tage in Indore in Zentralindien um Liyos Gastfamilie zu besuchen. Was dort sofort auffiel: Die Straßen waren total sauber und es gab überall Mülleimer. In den letzten Jahren wurde in Indore eine richtige Sauberkeitsaktion gestartet. Liyo, die 2013 bei einem Schüleraustausch in Indore lebte hat noch von Tieren überall in der Stadt erzählt. Tiere sind in Indore heute komplett verbannt, auch für Kühe wird keine Ausnahme gemacht. Und erst jetzt merke ich: Wo sind die Straßenhunde, die man sonst an jeder Ecke sieht? Indore wurde 2017 zur saubersten Stadt Indiens gekürt. Und darauf ist man auch verdammt stolz. Die Hauptstraßen sind von Schildern gesäumt, die anzeigen, wie sauber es in der Stadt ist und die Leute werden aufgefordert ihren Teil dazu beizutragen, dass das auch so bleibt.

Eine der Hauptstraßen in Indore

Nicht nur in Indore, wurden wir morgens von der Melodie der Müllabfuhr geweckt. Auch in der Wüstenstadt Jaisalmer hören und sehen wir die Müllabfuhr, wie sie sich ihren Weg durch die engen Gassen bahnt. Um auf sich aufmerksam zu machen, spielt sie stetig die gleiche Melodie ab. Für die Abholung sammeln alle Häuser ihren Müll in einem Sack ein und werfen ihn dann in den Wagen, wenn er vorbei fährt. Fast wie bei uns eigentlich...

Die Müllabfuhr in Jaisalmer

Bei uns an der Schule werden die Schülerinnen und Schüler durch Mülleimer in Pinguinform dazu aufgefordert, ihren Abfall ordnungsgerecht zu entsorgen. Oder der Pinguin schaut sie grimmig an, wenn sie ihren Abfall einfach auf den Boden werfen. Wir leben in einer sehr ländlichen Region, in der es noch keine organisierte Müllabholung und –verwertung gibt. Die Müllentsorgung ist größtenteils selbst organisiert (verbrennen). Aber wie auch in Jaisalmer und Indore gibt es in der nächsten Stadt Nagina eine Art Müllabfuhr. Dabei wird der Müll aus den Kanälen gefischt und auf einem Wagen gesammelt weggefahren. Das ist auf jeden Fall ein Anfang.
Use me!

  

Mittwoch, 14. Februar 2018

Anders als woanders


    In Indien laufen Kühe frei auf der Straße rum, dass kennt man ja.
    Doch dass es in Coimbatore auch besitzerlose Straßenponnys gibt ist ein eher unbekanntes Wissen. Und uns sind noch eine ganze Reihe mehr von für uns absonderlichen Dingen begegnet.

    Dass hier alles in Folie verpackt bleibt haben wir ja schon berichtet und dieses Phänomen taucht immer wieder auf. Wir sahen Krippenfiguren in der Krippe, aufgehängte Bilder mit Rahmen und ganze Autositze mit Plastikfolie überzogen.




    An die 10 Chillischoten in jedem Essen haben wir uns mittlerweile gewöhnt aber, dass hier Salz, Pfeffer und Chilli auch mit Obst oder Limonade gemischt wird, ist und bleibt abstrus. 
    Auch essen die Kinder und Lehrerinnen bei uns sehr gerne lappriges Toastbrot zum beziehungsweise im Tee.
     Bei den richtigen Mahlzeiten wird allerdings erst nach dem Essen getrunken, gleichzeitig ist schlecht für die Verdauung.
    Dies und andere Gesundheitstipps bekommt man hier zu Hauf. Eine Lehrerin verzichtet auf Reis, den es hier täglich gibt, um ihre Rückenschmerzen loszuwerden.
    Pfarrer erklärten uns außerdem, dass die Früchte die wie Orangen aussahen und schmeckten eigentlich Maltas wären und man diese nur mit Salz esse.


    Hier gibt es Preise für Alles und Jeden. Und von jedem der 50 Kinder mit herausragenden Schulleistungen muss dann natürlich auch ein Übergabebild mit Respektsperson oder den weißen Gästen geschossen werden. Wichtig ist nur es darf nicht gelächelt werden.

    Wir wurden nur für das Übergabebild geholt. Hatten mit dem Projekt aber nichts am Hut!

    Was wir mittlerweile gelernt haben aber immer noch nicht ganz nachvollziehen können ist das wirklich bei JEDER Gelegenheit erst mal Selfies geklickt werden müssen. Sogar beim Essen!





    Außerdem haben hier alle 2 Handys, ein Tastenhandy für Anrufe und ein Smartphone für Selfies und Whatsapp. Beide können auch mal gleichzeitig anfangen zu klingeln, da besonders die Pfarrer hier ständig angerufen werden. Es geht sogar soweit, dass wir Ohrwürmer von den verschiedenen Klingeltönen bekommen. Die ständigen Anrufe kann man sich damit erklären, dass es hier der Brauch ist, seine engsten Freunde und vor allem seine Eltern täglich anzurufen um sich zu erkundigen ob alle gegessen haben.
     
    Weiter geht es mit dem Schönheitswahn. Die meisten stehen hier total auf kitschige Assesoires und Kleidung mit ganz viel pling pling.
    Riesige, pinke Plastikspangen mit Glitzer werden hier in die schönen Flechtfrisuren gepinnt.

    Der schlichte Alltagslook
    Aber nicht nur für Frauen ist Pink eine oft gesehene und beliebte Farbe, auch Männer und Jungs tragen gerne Pink.
    Es gab kein Wort der Beschwerde als bei der Schulaufführung in Pabau alle Kinder in Pink gesteckt, mit Lippenstift bemalt und mit Puder vollgekleistert wurden.

    Puder ist hier generell sehr verbreitet, da viele versuchen damit einen helleren Teint zu bekommen. Das Schönheitsideal der hellen Haut ist auch in der Werbung und den Filmen allgegenwärtig.

     Unsere Haut und Haare wurden schon als ein Geschenk Gottes angesehen. Die Menschen sind erstaunt, wenn wir ihnen dann erzählen, dass sich in  Deutschland viele stundenlang in die Sonne legen um brauner zu werden oder sogar dafür Geld ausgeben.

    Zudem wird man stets beäugt und unverblümt auf alles angesprochen. Laut einigen durchleben wir hier starke Gewichtsschwankungen, von denen wir selbst keine Notiz nehmen. Einmal heißt es wir wären ja so abgemagert und dünn und ein anderes Mal wie Fett wir geworden seien. Auch auf Pickel wird man oft angesprochen und gefragt was das wäre, obwohl dieses Phänomen hier durchaus auftaucht.
    Leberflecken scheinen bei uns auch sehr anders und auffällig auszusehen.
    Obwohl es hier sogar ein Brauch ist, Kleinkindern schwarze Punkte ins Gesicht zu malen, damit sie hässlicher wirken. Dies soll sie vor bösen Blicken schützen.


    Ein weiterer Brauch ist es wird hier  die Füße von anderen zu berühren um Respekt auszudrücken. Wir waren ziemlich erstaunt als Schulkinder anfingen an unsere Füße zu fassen da wir neben einem Priester standen.


    Hier werden wir mit Gastfreundschaft überhäuft. Es geht sogar so weit, dass wenn man ein Kompliment zu einem Kleidungsstück ausspricht, man es direkt als Geschenk angeboten bekommt.

    Sicherlich eines der für uns ungewöhnlichsten Dinge ist, dass jeden morgen die Nationalhymne gespielt wird und dabei alle an Ort und Stelle stehenbleiben und ihre Fäuste ballen. Das ganze leben friert für ein paar Minuten komplett ein. Selbst im Kino wird die Nationalhymne vor den Filmen gespielt und alle müssen aufstehen.
    In den Kinos werden hier fast nur Bollywood Filme gespielt, was dazu führt, dass man oft keine gemeinsamen Filme, Bücher oder Musik findet. Selbst die Beatles und Harry Potter sind hier unbekannt.

    Postkarten sind in vielen Teilen Indiens wohl auch unbekannt. Eine Nonne fragte uns, warum wir denn nicht auf den Bildern drauf wären und wo die Umschläge seien.

    Außerdem ist fast jedes Auto hier ein weißer Jeep, was nicht gerade hilft wenn man Nachts in eiseskälte auf den Abholservice wartet und bei jedem weißen Jeep die Hoffnung steigt und wieder fällt. Den Vorschulkindern wird sogar statt Auto Jeep im Englischwortschatz beigebracht.



    Nach und nach fallen einem immer mehr ungewöhnliche Dinge auf, die für uns aber manchmal schon gewöhnlich geworden sind.
    Da dieser Artikel aber jetzt schon sehr lang ist, und laut dem Journalisten der uns in der Vorbereitungswoche besucht hat, niemand mehr diese Zeilen lesen wird, werde ich hier zu einem Ende kommen.


    Freitag, 9. Februar 2018

    Fundgrube

    Im Folgenden eine Ansammlung interessanter, lustiger oder komischer Schilder und ähnlichem, was man hier so alles auf der Straße (oder auch im Haus) zu sehen bekommt.

    Religiöse Toleranz: Für Sikhs gehört es zu ihrer Religion, unter anderem immer einen Dolch bei sich zu tragen. Auch am Flughafen hab ich schon einen Sikh mit Dolch hinter dem Sicherheitscheck gesichtet.

    ??? (gesehen in Jaisalmer)


    Aber InderInnen das Selfie machen an sich zu verbieten, wäre undenkbar


    Genauso wie das ausspucken

    Diese Gemälde werden nach der Hochzeit an das Haus des Paares angebracht. Sie zeigen den Gott Ganesha neben dem Datum und den Namen des Paars. Ganesha wird in Verbindungen mit hinduistischen Hochzeiten immer angebetet. Er soll die Hochzeit segnen.

    Bingo!

    Am Eingang eines Krankenhauses: In Indien ist es ÄrztInnen verboten, das Geschlecht des Babys vor der Geburt bekannt zu geben.
    Gemeint war wohl "Violence against Women" aber solange die Aussage stimmt ist ja gut. Dieses Schild steht an der Bushaltestelle in Nagina, unserer nächsten größeren Stadt. Und auch in Bussen stehen meistens Telefonnummern von Helplines für Frauen und Kinder angeschrieben.
    Gesehen in Delhi


    Inzwischen ist eine der lustigsten  Sachen für uns, englische Wörter in Hindi geschrieben zu sehen. Hier steht zum Beispiel Bible, geschrieben Baibil.

    Ein Lernheft von den Kindern.



    Backe backe Kuchen


    Rußverschmiert, mit tränenden Augen und nach Feuer stinkend verlassen wir den Garten. Aber das ist egal, denn in den Händen tragen wir den gewonnenen Schatz: unseren Kuchen.

    Aus Mangel an Öfen und aufgrund kaputter Mikrowellen (beim letzten Versuch darin Kuchen zu backen, war dieser innen komplett verkokelt) sind unsere Backaktivitäten leider ein wenig eingefroren.

    Nun aber haben wir die hohe Kunst des Kuchen ohne Ofen backens von den Lehrerinnen gelernt und uns kann nichts mehr davon abhalten nun jedes Wochenende Kuchen zu backen. Um hier einen super leckeren Kuchen zu produzieren braucht man nur wenige Dinge:

    -einen Mixi, der alle Zutaten innerhalb von Sekunden zu einem fertigen Teig verrührt
    -feuerfeste Backformen
    -feuerfester Topf
    -Sand
    -Holz zum Ofen heizen
    - Chulha (Kochstelle aus Ziegelsteinen)
    - Streichhölzer und Plastiktüte

    Der Ofen
    Wir sind stolz auf unser Produkt


    Zuerst wird das Feuer mit einer Plastiktüte und trockenen Blättern entzündet. Dann wird Holz nachgeschoben und der Sand in dem möglichst großen Topf erhitzt. Ist dieser sehr heiß werden die Kuchenformen in den Sand gestellt und zugedeckt etwa eine halbe Stunde gebacken. Fertig.

    Und der Plan für nächsten Sonntag steht auch schon: Schoko Bananen Kuchen!



    Die Profibäckerinnen