Samstag, 27. Januar 2018

Fantastisches Rajasthan

Nein, wir haben nicht doppelt so viele Urlaubstage, wie alle anderen Freiwilligen, wir waren einfach so klug und haben sie uns aufgeteilt. Dies ermöglichte uns, zwei komplett verschieden Ecken Indiens intensiv zu erkunden. Und nach dem Durcheinander unseres Urlaubs in Kerala, war es ganz schön sich zurücklehnen zu können und eine voll durchgeplante Reise einfach so mitmachen zu können.

Das war super:
 - mit dem Fahrrad durch Jaipur cruisen
- im letzten Sonnenlicht das Amber Fort entdecken

Im Windpalast in Jaipur



Amber Fort bei Jaipur



- Discount für Studenten überall (merkt ja niemand, dass dreimal der gleiche Studentenausweis vorgezeigt wird)

- Hotels mit tollen Dachterrassen


- Das Mehrangarh Fort in Jodhpur mit deutschen Audioguides erkunden

Mehrangarh Fort

Jodhpur, die blaue Stadt


- mit Kochkurs und Miniaturmalkurs neues Wissen erlangen

Für die Miniaturmalerei werden ausschließlich natürliche Farbstoffe verwendet

- Jaisalmer, alte Handelsstadt mitten in der Wüste

Die verwinkelten Gassen von Jaisalmer

Eine der vielen reich verzierten Havelis in Jaisalmer


- Kamelsafari in die Wüste Thar



Sonnenuntergang hinter den Dünen


Das war nicht so super:
 - Taj Mahal: 40 Rs Eintritt für indische Menschen, 1000 Rs  Eintritt für nicht-indische Menschen, zu viel Smog und Fog
Taj Mahal? Wo?

Der Nebel lichtet sich...

...und am Schluss können doch noch Touri-Bilder gemacht werden!

-  „Hi, Selfie please?“ „Hi, where are you from?“

- Lange Autofahrten

- Dank nicht indischem Fahrstil des Fahrers auf den chaotischen Straßen immer wieder Verzögerungen  

Man gewöhnt sich an Alles!


Von Kulturschock kann nicht mehr die Rede sein. Wir haben uns in jeglicher Art an die indische Lebensweise angepasst.

Wir als Kumauni-Girls


Es fängt schon beim Straßenverkehr an. Die riskante fahrweise Vieler schockt uns schon lange nicht mehr und wenn wir anfangs fast einen Herzstillstand bei den Überholmanövern erlitten, bleiben wir jetzt völlig gelassen. Auch der Straßenlärm ist zu einer angenehmen Hintergrundsmusik geworden und das Fahrzeugdurcheinander der Straßen überqueren wir ohne mit der Wimper zu zucken.

Auch das Essen bereitet uns keine Probleme mehr. Wir sind richtig beleidigt wenn man für uns weniger scharf kocht, essen mit den Fingern und schaufeln uns 3 Löffel Zucker in den Tee. 

Inzwischen essen wir auch beherzt um sieben Uhr in der Früh unsere fettigen Nudeln oder Bohnensuppe, wohingegen wir in der ersten Zeit eher zum trockenen Brot griffen.




Ameisen Straßen durchs Bad und anderes wuselndes Getier als Dauerbesucher sind für uns vollkommen normal.

Wohingen mir die kurvigen Straßen im Himalaya anfangs noch sehr zusetzen ist jetzt von der Übelkeit keine Spur mehr und ich kann die wunderschöne Landschaft ganz und gar genießen.


Klopapier brauchen wir auf der Toilette auch nicht mehr und die 5 centimeter dünnen Matratzen kommen uns kuschelig weich vor.
Wir stehen jetzt auch total auf Kitsch und alles muss mit ganz viel Glitzer verziert werden.


An die Kälte hier im Moment werden wir uns allerdings nie gewöhnen und es bleibt uns nichts anderes als zu hoffen, dass es bald wärmer wird. Trotzdem haben wir uns dem Wintermodestil hier angepasst und gehen mit Wollsocken in Flip-Flops aus dem Haus. Geschlossene Schuhe sind, wie wir gelernt haben, hier nämlich nur eine Option für Männer. 


Auch wenn hier fast alle auf dem Gelände 3-4 h vor Schulbeginn aufstehen, um zu beten, lernen oder Sport zu machen, was im Sommer auch mal 4 Uhr morgens bedeutet, werden wir diesen Wahnsinn auch sicherlich nie übernehmen! Und das obwohl hier alle direkt neben der Schule leben..




Heute hier morgen dort!


Zurück von unserem Kerala Urlaub ging die Reise gleich weiter. Nach einer Nacht im Office in Kotdwar fuhren wir die 1 ½ stündige Huppelpistenfahrt nach Ashadeep, um unsere restlichen Sachen zu holen und unsere Tonnen an Souvenirs und Geschenken, die wir in Kerala gekauft hatten, dort zu lassen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir also zurück in die vertrauten Gemäuer die sich mittlerweile wie ein zweites Zuhause anfühlen. Erst einmal angekommen wollten wir gar nicht mehr gehen. Strahlende Kinder die auf einen zu rennen, einen an die Hand nehmen und anfangen auf Hindi zu plappern, erwärmen einem das Herz und kann man nicht gleich wieder verlassen. Noch besser fühlten wir uns, als wir das Hindi sogar verstanden.

Doch die Pläne standen und ein neues Abenteuer wartete auf uns. Und so machten wir uns schweren Herzen erneut auf den Weg.
Es ging über die Huppelpiste zurück nach Kotdwar. Am nächsten morgen befanden wir uns mit zwei Pfarrern und zwischen zwei Nonnen zu viert auf die Rückbank gequetscht, im Auto nach Kilkileshwar im Himalaya.
Mittlerweile haben wir uns an die schmalen eng gewundenen Straßen die sich durch die Berge schlängeln gewöhnt, doch bei den Nonnen sah das anders aus und wir mussten alle 500 m anhalten. Diese Gelegenheit nutzen die Pfarrer auch gerne mal um Selfies zu machen.

Abgesehen davon war es aber eine amüsante Fahrt, mit viel Gesang ,einer hitzigen Diskussion ob Gott männlich ist oder kein spezifisches Geschlecht hat und einem Pfarrer der versuchte mit zwei Bonbons im Mund amerikanischen Akzent nachzuahmen. Aus Mangel an Hindi Liedern stimmten wir fataler weise ein paar Rosenkranzlieder an, worauf eine halbstündige Rosenkranzbeteinheit folgte.

Dieses mal war auch das Glück auf unsere Seite und wir konnten zum ersten mal die weißen Schneegipfel des Himalya erkennen.

Sicht auf Pauri
In Kilkileshwar angekommen, schauten wir uns ein Bühnenprogramm zur Jahresfeier der Schule an. Von dort aus ging es am gleichen Abend weiter nach Pabau, wo wir unsere Adventszeit in einer kleinen Schule verbrachten.

Die Schule in Pabau















Doch hier war unser Roadtrip noch lange nicht zu Ende…













Anmerkung:
Dieser Artikel war lange verschollen und vergessen. Deshalb wird er jetzt erst veröffentlicht.

Der Bischof kommt!

Der Bischof der Diocese of Bijnor und wir sind ganz schön enge Freunde. Seit wir ihn letzten September bei einer Kommunion kennengelernt haben, ist er auf jeder heißen Party, auf der wir auch sind. Heiße Party heißt in dem Fall: Schuljubileen, Basketballturniere oder Weihnachtsessen mit ganz vielen Nonnen und Pfarrern.

Das bedeutet natürlich, dass er sich auch zum Tag der offenen Tür in Pabau blicken lässt. Und auf diesen Augenblick arbeiten wir die ganzen drei Wochen, die wir in der kleinen Schule hier verbringen, hin. Wir hängen uns voll rein und üben mit den Erstklässlerinnen und Erstklässlern eine Zirkusshow ein. Dabei lernen wir folgende Lektion: Wähle als Hintergrundmusik niemals ein Lied dessen Text lose übersetzt „Schüttel deinen ganzen Körper“ lautet, sonst schütteln alle Kinder ihren ganzen Körper und die Pyramide bricht zusammen. Des Weiteren  üben wir mit den Moderationskindern ihre Texte ein und verzweifeln ein kleines bisschen daran, dass wir ihnen beim besten Willen nicht verklickern können, dass man die Stimme am Ende vom Satz senken sollte.

Aber womit wir ohne Frage die meiste Zeit verbringen, ist mit dem Anfertigen der Dekoration. Es müssen unter Anderem Willkommensschilder, Ornamente zur Wandverschönerung und Ornamente zur Kindverschönerung gebastelt werden. Ja, wir basteln so viel, dass wir tatsächlich keine Lust mehr auf basteln haben! Jedenfalls heißt die wichtigste Regel hier: Mehr (Glitzer) ist mehr. 

Auf das Produkt sind wir dann aber wirklich stolz!

...und können auch nicht widerstehen, den gebastelten Schmuck selbst anzuziehen!

Die letzten Tage vor dem Bischofsbesuch spielt alles verrückt: Der normale Schulbetrieb ist außer Kraft gesetzt, es gibt zweimal täglich einen Komplettdurchlauf des Programms und es kommt Panik auf, weil noch nicht alle Kostüme da sind. Wir geben die Weisheit weiter, dass die Generalprobe schlecht laufen MUSS, damit die Aufführung gut wird. Leider sind der Direktor der Schule und die Lehrerinnen nicht so überzeugt.

Am verheißungsvollen Tag läuft alles glatt, vielleicht ein bisschen zu glatt. Da die Kinder die Pyramiden zum ersten Mal in ihren Kostümen üben, sind sie nicht darauf vorbereitet, wie rutschig diese sind. Aber trotz einem Abrutscher stehen die Pyramiden und die Masse ist hellauf begeistert.  Wir kommen sogar in die Zeitung! Auch alle anderen Tänze werden einwandfrei aufgeführt. Dank der vielen Proben, könnten auch wir inzwischen jeden Tanz ohne Probleme mitmachen. 


           
Nach erfolgreicher Aufführung werden die Kinder mit Samosas belohnt und es gibt ein Essen für alle Lehrerinnen. Danach wird noch rumgealbert und getanzt und zur Belustigung der Lehrerinnen tanzen auch die beiden hier ansässigen Pfarrer mit. Dann steckt der Bischof auch noch seinen Kopf zur Tür herein und genießt die gemütliche Atmosphäre. Darüber sind nicht nur wir ein wenig überrascht, denn sonst ist der Bischof eine absolute Respektsperson. Aber wenn wir, seine besten Freundinnen dabei sind, kann man schon mal etwas entspannter sein…


Der geschmückte Festsaal




Der Rock

Am 24.09.2017, also noch relativ am Anfang von unserem Freiwilligendienst, machten wir uns auf den Weg nach Delhi. Ja, an diesem Tag war die Bundestagswahl und dies war auch der Grund warum wir nach Delhi sind, aber es ist noch etwas viel wichtigeres an diesem Tag passiert: Wir waren shoppen. Auf einem großen Künstlermarkt gab es alles was unser Herz begehrte. Wie wir bereits berichteten, waren wir im Himmel inmitten all dieser wunderschönen Sachen.  Ich kaufte mir an diesem Nachmittag unter Anderem einen schönen gemusterten Rock und war sehr glücklich damit.

Ich, glücklich mit neuem Rock vor dem India Gate

Zwei Wochen später: Wir machen an einem freien Tag einen Ausflug nach Rishikesh. Manch einer kennt diesen Ort vielleicht als den Ort an dem der Ganges das Himalaya verlässt oder in dem die Beatles einst meditierten, jedenfalls ist Rishikesh inzwischen sehr sehr touristisch und es gibt mindestens doppelt so viele Läden wie Ashrams. Und als wir so durch die Straßen schlendern, was sehe ich da: meinen Rock! In einer Vielzahl von Farben und auch noch billiger als ich ihn in Delhi gekauft habe! Sauerei. Da dachte ich, ich hätte mir einen besonderen Rock ausgesucht und nun gibt es ihn hier in Massenware.

Eineinhalb Monate später: Nach dem Zwischenseminar machen wir Urlaub in Kerala. Im Strandort Varkala hat sich die Strandpromenade eher in eine Shoppingpromenade verwandelt. Und auch hier wird der Rock angepriesen. Und nicht nur Röcke werden hier zahlreich angeboten, nein, es gibt auch Hosen, Overalls, etc in genau diesem Muster. So langsam scheint es mir, als gäbe es einen Zusammenhang zwischen Rock und Touristenaufkommen vor Ort. Aber das ist nur so eine Vermutung.

Zwei Monate später: Die zweite Hälfte unserer Urlaubstage verbringen wir in Rajasthan. In den Städten Jaipur, Pushkar und Jodhpur gibt es nicht nur beeindruckende Festungen und Tempel, es gibt auch viele Touristen und dementsprechend auch viele Läden. Inzwischen muss ich mich auch nicht mehr wundern, dass fast überall MEIN Rock verkauft wird. In jeder Stadt in der ich den Rock erblicke hole ich den meinigen nicht aus dem Rucksack. Es ist mir peinlich damit rumzulaufen. Ich will nicht, dass jemand denkt, ich hätte ihn hier gekauft um ihn dann nach meinem „India in 10 days“ Urlaub zuhause als typisch indisch anzupreisen.


In  unserem Projekt dagegen ziehe ich den Rock sehr gerne an, einfach, weil er schön ist und ich mir denken kann: Ach wie gut, dass niemand weiß, in ganz Indien gibt’s den Scheiß…