Sonntag, 29. Oktober 2017

Weg mit dem Müll

Wir sind am Waschen hinter unserem Haus. Plötzlich zieht ein Geruch nach Verbranntem in unsere Nasen. Wird da etwas gekocht? Gebacken? Nein warte, es ist eher ein beißender Geruch, der nach längerer Zeit überhaupt nicht mehr angenehm ist. Ein Blick zwei Meter nach rechts verrät uns, was genau da brennt: Müll. Der Müll der Kinder, der Müll der Nonnen, der Müll aus der Küche und auch unser Müll wird einfach in die Grube hinter unserem Haus geschmissen und gelegentlich angezündet.

Wir wollten unseren Müll natürlich nicht einfach hinters Haus schmeißen und fragten deshalb bei einem von unseren Pfarrern nach, was denn mit dem Müll passiert und ob wir ihn irgendwie anders entsorgen können. Die Antwort: Ja, eine Hausangestellte wird unseren Müll nachher abholen und wegbringen. Allerdings hieß wegbringen in dem Fall: Statt uns schmeißt sie den Abfall in die Grube. Und als wir dann auch noch einen Pfarrer seinen Müll einfach auf die Wiese schmeißen sahen, war uns klar, dass es keine Alternative gibt.

"Unsere" Müllgrube 



Und die Müllentsorgung hier in Asha Deep ist kein Einzelfall. Wenn wir die halbe Stunde in die nächste Stadt Nagina fahren, ist die Umweltverschmutzung  allgegenwärtig: Mit Müll gesäumte Straßenränder, Kanäle voller Plastik, gelegentliche Feuer und unglaublich stinkende Müllberge.
Müllentsorgungsplatz Nr.1 im Dorf: Der Kanal neben der Straße
Und auch in Nagina hat man den Eindruck, alles zu entsorgende wird schlicht auf den Boden geschmissen, seien es Bananenschalen, Bonbonpapierchen oder benutzte Becher. Und wenn wir auf dem Weg nach Hause verzweifelt nach einem Mülleimer suchen, wird uns gesagt, es sei kein Problem, unseren Becher einfach neben den Weg zu schmeißen. Wenn wir dann sagen: Nein, das wollen wir nicht, das ist schlecht für die Umwelt, kommt die Erklärung: Naja, in Deutschland ist das vielleicht ein Problem, aber hier in Indien darf man das.  Ein weiteres Beispiel: wir sind mit einem Pfarrer und einem Fahrer im Auto und essen Eis. Die beiden Inder werfen ihre Verpackung aus dem Fenster, wir behalten sie noch eine Stunde in der Hand, bis wir am Zielort endlich einen Mülleimer gefunden haben.

Willkommen in der Stadt

Aufruf zur Sauberhaltung Naginas

Leider liegt das direkt daneben

Und noch ein Beispiel: Bei uns an der Schule kommen die meisten LehrerInnen nicht mit einer Tasche in die Schule, sondern schlicht mit einer Plastiktüte. Die wird benutzt, bis sie auseinander fällt, dann kommt die nächste Tüte. Deshalb wollten wir mit den Lehrerinnen, die ebenfalls hier wohnen Stofftaschen nähen, was wir für die ästhetischere und nachhaltigere Version halten. Die Lehrerinnen jedoch zeigten kein Interesse, dafür aber Unverständnis: „Why? Plastic is so beautiful, no? Yours looks like a vegetable bag!“. Darauf antworteten wir mit einem entschiedenen „NO!“.  Also meinte diese Lehrerin, sie wird sich uns zu Liebe eine Tasche nähen. Darauf aber wir wieder „NO!“. Wenn diese Taschen nur um uns einen Gefallen zu tun genäht und dann nicht benutzt werden, können wir uns den Aufwand auch sparen. Aber ich werde weiterhin konsequent mit meiner Tasche aus schön gemustertem Stoff ins Lehrerzimmer gehen und sie weiterhin mit Sprüchen wie „Oh, wow guck mal wie schön diese STOFFtasche ist!“ oder „Diese Tasche benutze ich schon seit einem Jahr und sie hält immer noch!“ bewerben.

Und eine positive Nachricht zum Schluss: Natürlich gibt es auch Versuche der Verschmutzung entgegenzusteuern, zum Beispiel ist in Delhi die Benutzung von Plastiktüten verboten und Verstöße werden mit hohen Geldbußen  oder Freiheitsentzug  bestraft. Außerdem wurde 2014 die Aktion Swachh Bharat Abhiyan ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, Indiens Straßen sauberer zu machen. Und jedes Jahr am Geburtstag Mahatma Ghandis, wird an Arbeits- und Wohnort eine Putzaktion gestartet.


Aber ich persönlich habe das Gefühl, die meisten Leute hier in meinem direkten Umfeld haben kein Gefühl dafür, was für langwierige Folgen es hat, seinen Müll einfach in die Natur zu schmeißen und anzuzünden. Es fehlen auch einfach die Möglichkeiten, seinen Müll hier geordnet zu entsorgen. Und es ist schade zu sehen, dass die Verschmutzung manchmal so präsent ist, dass die eigentlich so schöne Natur untergeht.

:(

Bis jetzt haben wir in Nagina keinen einzigen Mülleimer gesichtet


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