Wir sind am Waschen hinter unserem Haus. Plötzlich zieht ein
Geruch nach Verbranntem in unsere Nasen. Wird da etwas gekocht? Gebacken? Nein
warte, es ist eher ein beißender Geruch, der nach längerer Zeit überhaupt nicht
mehr angenehm ist. Ein Blick zwei Meter nach rechts verrät uns, was genau da
brennt: Müll. Der Müll der Kinder, der Müll der Nonnen, der Müll aus der Küche
und auch unser Müll wird einfach in die Grube hinter unserem Haus geschmissen
und gelegentlich angezündet.
Wir wollten unseren Müll natürlich nicht einfach hinters
Haus schmeißen und fragten deshalb bei einem von unseren Pfarrern nach, was denn
mit dem Müll passiert und ob wir ihn irgendwie anders entsorgen können. Die
Antwort: Ja, eine Hausangestellte wird unseren Müll nachher abholen und wegbringen.
Allerdings hieß wegbringen in dem Fall: Statt uns schmeißt sie den Abfall in
die Grube. Und als wir dann auch noch einen Pfarrer seinen Müll einfach auf die
Wiese schmeißen sahen, war uns klar, dass es keine Alternative gibt.
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"Unsere" Müllgrube |
Und die Müllentsorgung hier in Asha Deep ist kein
Einzelfall. Wenn wir die halbe Stunde in die nächste Stadt Nagina fahren, ist
die Umweltverschmutzung allgegenwärtig:
Mit Müll gesäumte Straßenränder, Kanäle voller Plastik, gelegentliche Feuer und
unglaublich stinkende Müllberge.
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Müllentsorgungsplatz Nr.1 im Dorf: Der Kanal neben der Straße |
Und auch in Nagina hat man den Eindruck, alles
zu entsorgende wird schlicht auf den Boden geschmissen, seien es
Bananenschalen, Bonbonpapierchen oder benutzte Becher. Und wenn wir auf dem Weg
nach Hause verzweifelt nach einem Mülleimer suchen, wird uns gesagt, es sei
kein Problem, unseren Becher einfach neben den Weg zu schmeißen. Wenn wir dann
sagen: Nein, das wollen wir nicht, das ist schlecht für die Umwelt, kommt die Erklärung:
Naja, in Deutschland ist das vielleicht ein Problem, aber hier in Indien darf
man das. Ein weiteres Beispiel: wir sind
mit einem Pfarrer und einem Fahrer im Auto und essen Eis. Die beiden Inder
werfen ihre Verpackung aus dem Fenster, wir behalten sie noch eine Stunde in
der Hand, bis wir am Zielort endlich einen Mülleimer gefunden haben.
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Willkommen in der Stadt |
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Aufruf zur Sauberhaltung Naginas
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Leider liegt das direkt daneben |
Und noch ein Beispiel: Bei uns an der Schule kommen die meisten LehrerInnen nicht
mit einer Tasche in die Schule, sondern schlicht mit einer Plastiktüte. Die
wird benutzt, bis sie auseinander fällt, dann kommt die nächste Tüte. Deshalb wollten
wir mit den Lehrerinnen, die ebenfalls hier wohnen Stofftaschen nähen, was wir
für die ästhetischere und nachhaltigere Version halten. Die Lehrerinnen jedoch
zeigten kein Interesse, dafür aber Unverständnis: „Why? Plastic is so beautiful, no? Yours looks like a
vegetable bag!“. Darauf antworteten wir mit einem entschiedenen „NO!“. Also meinte diese Lehrerin, sie wird sich uns
zu Liebe eine Tasche nähen. Darauf aber wir wieder „NO!“. Wenn diese Taschen
nur um uns einen Gefallen zu tun genäht und dann nicht benutzt werden, können
wir uns den Aufwand auch sparen. Aber ich werde weiterhin konsequent mit meiner
Tasche aus schön gemustertem Stoff ins Lehrerzimmer gehen und sie weiterhin mit
Sprüchen wie „Oh, wow guck mal wie schön diese STOFFtasche ist!“ oder „Diese
Tasche benutze ich schon seit einem Jahr und sie hält immer noch!“ bewerben.
Und eine positive Nachricht zum Schluss: Natürlich gibt es auch Versuche der Verschmutzung
entgegenzusteuern, zum Beispiel ist in Delhi die Benutzung von Plastiktüten
verboten und Verstöße werden mit hohen Geldbußen oder Freiheitsentzug bestraft. Außerdem wurde 2014 die Aktion
Swachh Bharat Abhiyan ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, Indiens Straßen
sauberer zu machen. Und jedes Jahr am Geburtstag Mahatma Ghandis, wird an
Arbeits- und Wohnort eine Putzaktion gestartet.
Aber ich persönlich
habe das Gefühl, die meisten Leute hier in meinem direkten Umfeld haben kein
Gefühl dafür, was für langwierige Folgen es hat, seinen Müll einfach in die
Natur zu schmeißen und anzuzünden. Es fehlen auch einfach die Möglichkeiten,
seinen Müll hier geordnet zu entsorgen. Und es ist schade zu sehen, dass die
Verschmutzung manchmal so präsent ist, dass die eigentlich so schöne Natur
untergeht.
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:( |
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Bis jetzt haben wir in Nagina keinen einzigen Mülleimer gesichtet |
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